Haben Sie Kinder? Dann werden Sie sicher mal die elterlichen Freuden der Streitschlichtung kennengelernt haben. Haben Sie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen? Niemanden zu übervorteilen oder zu benachteiligen? Wie oft haben Sie letztendlich den Streit mit einem Machtwort beendet und wie schnell entfachte der Streit danach erneut?
Doch auch ohne Kinder hat sich fast jeder schon einmal in der Vermittlerrolle wiedergefunden. Sei es damals in der Schule, im Studium oder Beruf, in der Familie oder unter Freunden. Mal mehr, mal weniger schwierig. Mal mehr, mal weniger erfolgreich. Manchmal hat man für die anderen entschieden, manchmal einen Kompromiss ausgehandelt, manchmal auch die Welt nicht mehr verstanden.
Wenn Sie sich an eine eigene Konfliktsituation erinnern, wie leicht fiel es Ihnen, Verständnis für Ihr Gegenüber zu haben, die Argumente oder möglicherweise Anschuldigungen sachlich einzuordnen und sich letztendlich auf eine Lösung einzulassen, die Ihnen beiden gerecht wurde? Und wie oft haben Sie sich dabei gedacht: „Der spinnt doch“?
Was macht ein Mediator?
„Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit und auf die richtige Art, das ist schwer.“ (Aristoteles)
… und weil das so schwer ist, braucht man manchmal jemanden, der von außen drauf schaut und nicht in das Geschehen involviert ist. Mediation ist viel mehr als Streitschlichtung und weit entfernt von einem „Kaffeeklatsch“ (wobei Getränke und Kekse auch bei einer Mediation meiner Meinung nach nicht fehlen sollten ;-))
Der Mediator leitet und moderiert das Gespräch nicht einfach nur nach den Maßgaben des Mediationsverfahrens (z.B. Einhaltung der Phasen). Er
… hört zu, versteht und übersetzt,
… achtet auf Machtgefälle und gleicht diese aus (z.B. aufgrund unterschiedlicher Persönlichkeiten, im beruflichen Kontext auch aufgrund hierarchischer Strukturen),
… erkennt Emotionen, geht auf diese ein und ist manchmal auch Puffer für diese,
… stellt die richtigen Fragen zur richtigen Zeit,
… ermöglicht den Medianden einen Perspektivwechsel,
… visualisiert Erkenntnisse und Ergebnisse,
… und vieles mehr.
Das macht der Mediator alles gleichzeitig – ohne dass Sie es merken. Es gibt keine Pausetaste, keine Videoaufnahme, die man zurückspulen kann. Jede Aussage, jedes Augenrollen, Mundwinkel verziehen oder hämisches Lächeln wird registriert und, wenn nötig, konstruktiv in die Diskussion eingebracht. „Kognitive Höchstleistung“ kann man sagen oder auch „Ziemlich viel los im Kopf eines Mediators“.
Und deswegen ist „Mediator“ auch ein Beruf!
Wie man von der Berufung zum Beruf kommt, erfahren Sie in der nächsten Ausgabe.
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